Neue gesetzliche Regelungen für die Fachkräfteeinwanderung ab März 2024

Zum 1. März 2024 treten verschiedene Neuregelungen in Kraft, die mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung vom August 2023 beschlossen worden waren. Wir stellen die wichtigsten Änderungen vor, die vor allem das Aufenthaltsgesetz und die Beschäftigungsverordnung betreffen.

Die umfangreichen Neuregelungen des "Gesetzes zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung" (auch "FEG 2.0") vom August 2023 treten schrittweise in Kraft: So wurden im November 2023 die Regelungen für Personen mit einer Blauen Karte EU an die entsprechende Richtlinie der EU angepasst. Daneben wurde durch Änderung von § 18a AufenthG (für Personen mit einer anerkannten Berufsausbildung) und § 18b AufenthG (für Personen mit akademischer Ausbildung) ein Anspruch auf Aufenthaltstitel für qualifizierte Fachkräfte geschaffen (siehe zu den Änderungen vom November 2023 die Meldung bei asyl.net vom 17.11.2023). Weiterhin wurden bereits am 23. Dezember 2023 einige Regelungen wirksam, die u.a. den sogenannten "kleinen Spurwechsel" betreffen (siehe hierzu die Meldung bei asyl.net vom 8.1.2024).

Der zweite und größte Teil der Neuerungen des Gesetzes trat nun am 1. März 2024 in Kraft. Einige Bestimmungen sind bereits nicht mehr auf dem Stand des Gesetzes vom August 2023, weil die seinerzeit im "FEG 2.0" eingeführten Neuerungen noch vor ihrem Inkrafttreten wieder abgeändert wurden. Dies geschah durch Änderungen, die kurzfristig in zwei weitere Gesetze eingefügt wurden (Änderung des Bundesvertriebenengesetzes vom Dezember 2023 sowie "Rückführungsverbesserungsgesetz" vom Februar 2024).

Nachfolgend geben wir einen Überblick zu den wichtigsten Neuerungen, die seit dem 1. März 2024 gelten (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

Ausbildungs-Aufenthaltserlaubnis (§ 16g AufenthG)

Für (ehemalige) Asylsuchende und weitere Personen im Besitz einer Duldung nach § 60 Abs. 1 AufenthG wird die "Aufenthaltserlaubnis zur Berufsausbildung für ausreisepflichtige Ausländer" nach dem neuen § 16g AufenthG eingeführt. Die Voraussetzungen sind ähnlich ausgestaltet wie bei der bereits bestehenden Ausbildungsduldung nach § 60c AufenthG, allerdings muss für die neue Ausbildungs-Aufenthaltserlaubnis der Nachweis der Lebensunterhaltssicherung erbracht werden. Für den neuen Titel nach § 16g AufenthG gelten somit u.a. diese Voraussetzungen und Bestimmungen:

  • Die Ausbildung wurde während des Asylverfahrens begonnen oder der/die (angehende) Auszubildende ist seit mindestens drei Monaten im Besitz einer Duldung nach § 60a AufenthG und hat einen Ausbildungsvertrag abgeschlossen (bzw. wurde die Registrierung des Ausbildungsverhältnisses bei den zuständigen Stellen beantragt).
  • Infrage kommen Ausbildungen in staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberufen sowie Assistenz- oder Helferausbildungen in sogenannten "Engpassberufen" (z.B. im Bereich der Pflege).
  • Der Lebensunterhalt muss aus eigenen Mitteln gesichert werden können. Dies bedeutet nach § 2 Abs. 3 S. 5 AufenthG, dass die betroffene Person über Mittel verfügen muss, die den Leistungen nach § 12 BAföG entsprechen (sogenanntes "Schüler-BAföG, monatlich 736 Euro). Eine Ausnahme gilt für Personen, die – im Fall einer betrieblichen Ausbildung oder der Ausbildung für einen Pflegeberuf – ergänzend zu ihrem Gehalt Berufsausbildungsbeihilfe beziehen (diese Leistungen gelten als "unschädlich", da sie nach § 2 Abs. 3 Nr. 5 AufenthG beim Nachweis der Lebensunterhaltssicherung nicht als "Inanspruchnahme öffentlicher Mittel" mitgezählt werden).
  • Neben der Ausbildung darf eine Erwerbstätigkeit von bis zu 20 wöchentlichen Arbeitsstunden ausgeübt werden.
  • Die Identität muss geklärt sein oder die betroffene Person muss zumindest alle zumutbaren Maßnahmen zur Identitätsklärung ergriffen haben (wobei nach § 16g Abs. 2 Nr. 3 AufenthG abhängig vom Einreisedatum unterschiedliche Fristen dafür gelten, wann diese zumutbaren Maßnahmen für die Identitätsklärung ergriffen worden sein müssen).
  • Es dürfen zum Zeitpunkt der Antragstellung keine "konkreten Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung" eingeleitet worden sein.

Führt die Berufsausbildung zu einem erfolgreichen Abschluss, entsteht anschließend ein Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 19d AufenthG für eine Anschlussbeschäftigung, die der erworbenen beruflichen Qualifikation entspricht.

Im Gesetz vom August 2023 war noch die Streichung der Ausbildungsduldung nach § 60c AufenthG vorgesehen, also der seit dem Jahr 2015 bestehenden Möglichkeit für ausreisepflichtige Personen, zum Zweck der Ausbildung eine Duldung zu erhalten. Diese Änderung wäre zum 1.3.2024 in Kraft getreten, wurde aber durch das sogenannte Rückführungsverbesserungsgesetz wieder rückgängig gemacht (durch Aufhebung der Aufhebung von § 60c AufenthG, siehe die asyl.net-Meldung vom 26.2.2024). Die Ausbildungsduldung wird es somit nun parallel zur Ausbildungs-Aufenthaltserlaubnis nach § 16g AufenthG geben. Sie dürfte künftig insbesondere für Personen infrage kommen, die die Anforderungen an die Ausbildungs-Aufenthaltserlaubnis hinsichtlich der Lebensunterhaltssicherung nicht erfüllen.

Aufenthaltserlaubnis für Personen mit berufspraktischer Erfahrung (§ 19c Abs. 2 AufenthG)

Mit dem Kriterium der "berufspraktischen Erfahrung" wurde im Jahr 2020 mit dem ersten Fachkräfteeinwandungsgesetz die Möglichkeit eröffnet, dass Fachleute aus dem Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie auch ohne formale Anerkennung von beruflichen oder akademischen Abschlüssen eine Aufenthaltserlaubnis erhalten konnten. Diese Möglichkeit steht ab März 2020 prinzipiell für alle qualifizierten Tätigkeiten offen, wobei nach dem neu gefassten § 6 der Beschäftigungsverordnung (BeschV) unter anderem die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein müssen:

  • Innerhalb der letzten fünf Jahre mindestens zwei Jahre Berufserfahrung, die zur Ausübung der in Aussicht stehenden Beschäftigung befähigt.
  • Arbeitsplatz oder konkrete Arbeitsplatzzusage mit einer Bezahlung, die mindestens 45% der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung beträgt (zur Zeit 3.398 Euro monatlich) bzw. 55% dieser Grenze (zur Zeit 4.152,50 Euro monatlich) bei Arbeitnehmenden, die älter als 44 Jahre sind (letztere Regelung in § 1 Abs. 2 BeschV). Unter bestimmten Umständen kann von diesen Gehaltsgrenzen abgewichen werden, insbesondere wenn der arbeitgebende Betrieb tarifgebunden ist.
  • Im Ausland muss eine mindestens zweijährige staatlich anerkannte Ausbildung oder ein Hochschulstudium abgeschlossen worden sein. Möglich ist hier auch ein Berufsabschluss, der bei einer Deutschen Auslandshandelskammer (AHK) erworben wurde. Die Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB) beim Sekretariat der Kultusministerkonferenz soll diese Abschlüsse prüfen, es muss aber nicht die Gleichwertigkeit mit einem in Deutschland anerkannten Abschluss festgestellt werden. 
  • Bei Beschäftigten im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie wird zudem auf den Nachweis der im Ausland erworbenen Qualifikation verzichtet, bei dieser Berufgsgruppe muss daher nur die Berufserfahrung nachgewiesen werden.  

Beschäftigung von Hilfskräften in der Pflege (§ 19c Abs. 1 AufenthG)

Der neu gefasste § 19c Abs. 1 AufenthG ermöglicht die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Beschäftigung "unabhängig von der Qualifikation als Fachkraft […], wenn die Beschäftigungsverordnung oder eine zwischenstaatliche Vereinbarung bestimmt, dass der Ausländer zur Ausübung dieser Beschäftigung zugelassen werden kann." Dies gilt nun nach § 22a BeschV für Personen, die eine (inländische oder anerkannte ausländische) Ausbildung für eine Pflegehilfstätigkeit abgeschlossen haben. Ergänzt wird diese Regelung durch den ebenfalls neu gefassten § 20 Abs. 3 Nr. 5 AufenthG, wonach auch zur Arbeitsplatzsuche eine Aufenthaltserlaubnis für bis zu zwölf Monate erteilt werden kann, wenn die antragstellende Person eine Assistenz- oder Helferausbildung im Gesundheits- und Pflegewesen abgeschlossen hat.

Anerkennung ausländischer beruflicher Qualifikationen (§ 16d AufenthG)

§ 16d des Aufenthaltsgesetzes wurde umfassend neu gestaltet und enthält besonders die folgenden neuen Bestimmungen:

  • Aufenthaltserlaubnisse zur Durchführung von Qualifizierungsmaßnahmen (§ 16d Abs. 1, 2 AufenthG): Entsprechende Aufenthaltserlaubnisse werden künftig für einen Zeitraum von bis zu 24 Monaten (bisher bis zu 18 Monate) erteilt und können um weitere zwölf Monate bis zu einer maximalen Dauer von drei Jahren verlängert werden. Neben der Qualifizierungsmaßnahme darf eine Beschäftigung von bis zu 20 wöchentlichen Arbeitsstunden (bisher 10) ausgeübt werden, wenn es sich um eine reine Nebentätigkeit handelt. Tätigkeiten, "deren Anforderungen in einem Zusammenhang mit den in der späteren Beschäftigung verlangten berufsfachlichen Kenntnissen stehen" (Abs. 2) können sogar ohne Beschränkung der wöchentlichen Arbeitsstundenzahl zusätzlich zur Qualifizierungsmaßnahme ausgeübt werden. Im Gegensatz zur früheren Regelung ist dies auch möglich, wenn kein konkretes Arbeitsplatzangebot vorliegt.
  • Anerkennungspartnerschaft (§ 16d Abs. 3 AufenthG): Neu eingeführt wurde hier die Möglichkeit, das Anerkennungsverfahren einer beruflichen Qualifikation in Deutschland mit einer begleitenden qualifizierten Beschäftigung in einem Betrieb zu verbinden. Nach alter Rechtslage war es regelmäßig erforderlich, dass das Anerkennungsverfahren vom Ausland aus durchgeführt oder zumindest eingeleitet worden sein musste, bevor eine solche Beschäftigung in Deutschland aufgenommen werden konnte. Nun können die Einreise und die Beschäftigung als Fachkraft ohne formale Anerkennung stattfinden, wobei in § 16d Abs.3 AufenthG sowie in § 2a der Beschäftigungsverordnung verschiedene Voraussetzungen hierfür festgelegt werden. Hierzu zählen unter anderem:

    • Die ausländische Fachkraft muss – wie bei § 19c Abs. 2 AufenthG, s.o. – im Ausland einen Hochschulabschluss oder eine mindestens zweijährige Ausbildung absolviert haben. 

    • Sie muss zudem über Deutschkenntnisse verfügen, die für die Tätigkeit notwendig (mindestens "hinreichend") sind.

    • Es muss ein konkretes Arbeitsplatzangebot vorliegen. Der Betrieb in Deutschland sowie die einwandernde Fachkraft müssen außerdem eine "Anerkennungspartnerschaft" abschließen. Dabei handelt es sich um eine Vereinbarung, in der die ausländische Fachkraft sich dazu verpflichtet, unverzüglich nach der Einreise das Verfahren zur Anerkennung ihrer beruflichen Qualifikation einzuleiten. Der arbeitgebende Betrieb muss sich umgekehrt dazu verpflichten, dass das Anerkennungsverfahren für die berufliche Qualifizierung während der Beschäftigung in Deutschland stattfinden kann – der Betrieb muss es hierfür ermöglichen, dass weitere notwendige Qualifizierungsmaßnahmen von der Fachkraft absolviert werden können. Als weitere Voraussetzung in diesem Zusammenhang gilt, dass der Betrieb nachweisen muss, dass er für die Ausbildung und eventuell notwendige Nachqualifizierungen geeignet ist.

  • Qualifikationsanalyse (§ 16d Abs. 6 AufenthG): Wurde aus dem Ausland heraus bereits ein Anerkennungsverfahren für die berufliche Qualifikation eingeleitet, ermöglicht es der neu formulierte § 16d Abs. 6 AufenthG nun, dass sich die ausländische Fachkraft für bis zu sechs Monate zur Feststellung von beruflichen Fertigkeiten und Kenntnissen in Deutschland aufhalten darf. In diesem Zeitraum darf auch eine Nebenbeschäftigung von bis zu 20 wöchentlichen Arbeitsstunden ausgeübt werden. Ähnlich wie in § 16d Abs. 2 AufenthG gilt zudem, dass auch eine Beschäftigung ohne zeitliche Beschränkung möglich ist, wenn diese "in einem Zusammenhang mit den in der späteren Beschäftigung verlangten berufsfachlichen Kenntnissen steht."

  • Erleichterter Wechsel in andere Aufenthaltstitel (Streichung des alten § 16d Abs. 6 AufenthG): Der alte Abs. 6 der Norm schränkte den Wechsel in andere Aufenthaltstitel nach Ablauf der Aufenthaltserlaubnis nach § 16d AufenthG dahingehend ein, dass erneute Aufenthaltstitel nur zum Zweck von Studium, Ausbildung oder für bestimmte Beschäftigungszwecke erteilt werden konnten. Diese Einschränkung fällt nun weg, sodass künftig der Wechsel – bei Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen – auch in weitere Formen des Aufenthalts möglich ist.

Nebenbeschäftigung bei Ausbildung, Studium oder Sprachkursen

Durch Änderung von § 16a Abs. 3 AufenthG wird es ab März generell möglich, bei Aufenthalten zu Bildungszwecken (Ausbildung, Studium, Sprachkurse) eine Nebenbeschäftigung im Umfang von 20 wöchentlichen Arbeitsstunden (vorher 10 wöchentliche Arbeitsstunden) auszuüben. Neben einem Studienaufenthalt darf zudem künftig an 140 (früher 120) Tagen im Jahr gearbeitet werden, wobei Teilzeitbeschäftigungen in einem Arbeitstagekonto "in einer für den Ausländer günstigen Weise" anteilig angerechnet werden (§ 16b Abs. 3 AufenthG).

Weitere Bestimmungen

  • Erweiterte Aufenthaltsmöglichkeiten zur Ausbildungsplatzsuche (§ 17 AufenthG):  Die Einreise ist nun zum Zweck der Suche nach einem Ausbildungsplatz für Personen im Alter bis zu 35 Jahren (bisher: 25 Jahre) für die Dauer von bis zu neun (bisher sechs) Monate möglich, wenn sie über ausreichende (bisher: gute) Deutschkenntnisse verfügen.
  • Erleichterter Familiennachzug zu Fachkräften (§ 29 Abs. 5 AufenthG): Für den Familiennachzug zu Fachkräften (u.a. Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 18a, 18b, 19c AufenthG oder einer Blauen Karte EU) muss künftig nicht mehr das Kriterium des "ausreichenden Wohnraums" erfüllt sein.
  • Kontingentierte kurzzeitige Beschäftigung (§ 15d BeschV): Die Bundesagentur für Arbeit (BA) kann künftig für bestimmte Wirtschaftszweige bzw. Berufsgruppen (unabhängig von der Qualifizierung) Kontingente festlegen, für die ein zeitlich befristeter Arbeitsmarktzugang eröffnet wird. Nach Auskunft der BA sind diese Kontingente dazu gedacht, Engpässe in Spitzenzeiten beispielsweise im Hotel- und Gaststättengewerbe oder an Flughäfen abzufangen. Infrage kommen hier Kurzzeitbeschäftigungen von bis zu 90 Tagen (hierfür ist nur eine Arbeitserlaubnis der BA notwendig) oder für bis zu acht Monate (wofür ein Visum sowie die Vorabzustimmung der BA erforderlich sind). Die BA hat ein Merkblatt zur kurzzeitigen kontingentierten Beschäftigung veröffentlicht, dass auch Links zu weiterführenden Informationen enthält.

Weitere Informationen

  • Das Bundesministerium des Innern hat umfangreiche Anwendungshinweise zum "Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung" und zu der begleitenden Verordnung herausgegeben und diese auf den ab 1. März 2024 geltenden Stand aktualisiert. Die Anwendungshinweise sind unter dem unten angegebenen Link zu finden.
  • In der kommenden Ausgabe 3/2024 unserer Zeitschrift Asylmagazin wird sich ein Themenschwerpunkt mit den aktuellen Änderungen im Bereich des Arbeitsmarktzugangs bzw. der Fachkräfteeinwanderung befassen.

Hinweis

Aufgrund vielfältiger Gesetzesänderungen können einzelne Arbeitshilfen in Teilen nicht mehr aktuell sein. Wir bemühen uns, so schnell wie möglich eine aktualisierte Version zu verlinken. Bis dahin bitten wir Sie, auf das Datum der Publikation zu achten und zu überprüfen, ob die Informationen noch korrekt sind.

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Thema Familiennachzug